Umgang mit Verletzungen

Verletzungen sind Teil jedes Kontaktsports. Ernsthafte oder lebensbedrohliche Verletzungen beim Rugby sind jedoch selten. Die Folgen vieler Verletzungen lassen sich häufig durch äußerst einfache Erste-Hilfe-Kenntnisse abmildern, bis die Nothelfer eintreffen. Für einen Großteil der Rugby-spielenden Welt steht am Spielfeldrand wenig qualifizierte medizinische Hilfe zur Verfügung. Daher kommt die Ersthilfe-Verantwortung ggf. Vereinsverantwortlichen, Trainern, Spielern, Erziehungsberechtigten oder Schiedsrichtern zu.

Sieht man sich einer Verletzung gegenüber, stellt sich eher die Frage, was man nicht tun sollte, als vielmehr, was zu tun ist, d. h. ‚keine weiteren Schäden verursachen‘. Vieles bessert sich mit ein wenig Zeit und üblicherweise ist die Kontrolle über eine Situation zu übernehmen und Panik zu verhindern alles, was es braucht, bis sich der Zustand des Spielers bessert oder erfahrenere Hilfe eintrifft. Unter bestimmten Umständen sind einfache Maßnahmen wie der Schutz von Kopf und Nacken, die Sicherstellung offener Atemwege oder das Stützen einer verletzten Extremität häufig alles, was in der unmittelbaren Phase einer Verletzungsbehandlung nötig ist.

Natürlich gibt es auch Situationen, in denen der Gedanke einer einfachen Betreuung des Spielers und des Abwartens der falsche Schritt ist, z. B. im Falle eines Herzstillstands. Diese Fälle treten zwar selten ein, sind aber ein Grund, sicherzustellen, dass bei Spielen und im Training ausgebildete Ersthelfer zur Verfügung stehen.

World Rugby empfiehlt, bei jedem Spiel und jeder Trainingseinheit für einen ausreichenden Umfang an Erste-Hilfe-Leistungen zu sorgen. World Rugby bietet verschiedene Ausbildungsstufen an. Weitere Infos finden sich auf https://passport.world.rugby/player-welfare/first-aid-in-rugby/

Grundprinzipien bei der Versorgung eines verletzten Spielers:

  1. Keine weitere Schäden verursachen
  2. Führung übernehmen
  3. Unnötige Bewegungen vermeiden
  4. Mit dem Spieler sprechen
  5. Ggf. Hilfe rufen
  6. Sicherstellen, das erfahrenere Hilfe unterwegs ist
  7. Erkennen, wenn man mehr unternehmen muss, wie z. B. einen Krankenwagen rufen

Situation unter Kontrolle bringen

Panik zu verhindern, bis sich der Spieler erholt oder erfahrenere Hilfe eintrifft, ist bei der Betreuung eines verletzten Spielers entscheidend.

First Aid in Rugby

https://passport.world.rugby/player-welfare/first-aid-in-rugby/

Alle Interessenträger – Trainer, Schiedsrichter, Erziehungsberechtigte sowie andere Spielbeteiligte – sollten zumindest eine Erste-Hilfe-Grundausbildung absolvieren.

Bei nicht-lebensbedrohlichen und nicht-extremitätengefährdenden Verletzungen

Beurteilung des Spielers auf dem Spielfeld anhand des TOTAPS-Systems.

Schritte Beurteilung Maßnahme
Talk (Ansprechen) Was ist passiert? Wo tut es weh?  
Observe (Beobachten) Sehen Sie sich die verletzte Stelle an. Unterscheidet sie sich von der anderen Seite (geschwollen, andere Farbe usw.)? Bei einer Schwellung oder Verformung, Ersthelfer rufen.
Touch (Berühren) Auf Schwellungen, Empfindlichkeit und Schmerzen prüfen. Bei Berührungsempfindlichkeit, Ersthelfer rufen.
Active movement (Aktive Bewegung) Bitten Sie den Spieler, die verletzte Stelle ohne Hilfe zu bewegen. Ist dies nicht möglich oder schmerzhaft, Ersthelfer rufen und vom Feld bringen (ohne Gewichtsbelastung).
Passive movement (Passive Bewegung) Bewegt der Spieler selbst die verletzte Stelle, diese vorsichtig in ihrem gesamten Bewegungsbereich bewegen. Ist dies nicht möglich oder schmerzhaft, sollte der Spieler vom Feld gebracht werden (ohne Gewichtsbelastung).
Skill test (Prüfen der Fertigkeiten) Verursachen die aktiven und passiven Bewegungen keine Schmerzen, den Spieler bitten, aufzustehen, um zu sehen, ob die unteren Extremitäten voll belastbar sind und er laufen kann. Ist dies nicht möglich, sollte der Spieler vom Feld gebracht werden (ohne Gewichtsbelastung auf verletzte untere Extremitäten). Ist dies nicht möglich, sollte der Spieler vom Feld gebracht werden (ohne Gewichtsbelastung).

Blutungen

Bei der Behandlung eines blutenden Spielers sollten Handschuhe getragen werden, um den Spieler und den Ersthelfer vor einer möglichen Übertragung von durch Blut übertragbaren Krankheiten wie HIV und Hepatitis zu schützen. Ein Spieler darf nicht mit dem Blut eines anderen in Berührung kommen. Alle Gegenstände, die mit Blut in Berührung gekommen sind, müssen in einer Plastiktüte versiegelt und ordnungsgemäß entsorgt werden.

Starke Blutungen müssen schnellstmöglich behandelt werden, um die Blutung zu stoppen, da dies bereits lebensrettend sein kann. Zunächst direkten Druck auf die Wunde ausüben; indirekten Druck nur, wenn dies nicht möglich ist. Zeitnahen Transport ins Krankenhaus oder in eine Arztpraxis arrangieren.

Weichteilverletzungen

Übliche Weichteilverletzungen sind Bänderdehnungen und Muskelverstauchungen, Zerrungen und Prellungen. Sie sollten nach der sogenannten PRICED-Methode behandelt werden.

Protect (Schutz) Sobald sich jemand eine Verletzung zugezogen hat, ist es ganz entscheidend, den verletzten Bereich sowie den Spieler vor weiteren Verletzungen zu schützen. Andernfalls könnte sich das Problem verschlimmern und der Heilungsprozess verzögern.
  • Schürf-/Platzwunden sollten verbunden werden.
  • Die verletzte Stelle sollte mit einem Verband oder Stützverband versehen werden.
  • Gewichtsbelastungen sollten vermieden werden.
Rest (Ruhe) Bei jeder Verletzung ist ausreichend Ruhe wichtig, um es dem Gewebe zu ermöglichen, zu heilen und die Verletzung zu reparieren. Wichtig: Wenn es schmerzt, ist dies für die Verletzung vermutlich nicht gut. Der verletzte Körperteil sollte nicht belastet werden.
Ice (Eis) Eis auf eine Verletzung zu legen, hilft Blutungen und weitere Schwellungen zu verhindern. Eine regelmäßige Kühlung mit zerstoßenem Eis in einem feuchten Handtuch verkürzt die Genesungszeit und lindert zwischenzeitliche Schmerzen. Auflegen von Eis auf die Verletzung alle 2 Stunden für 20 Minuten während der ersten 48 Stunden. Schutz der Haut mit Vaseline oder Öl verhindert unnötige thermische Schädigungen.
Compression (Kompression) Die Kompression einer Weichteilverletzung verhindert Schwellungen und verkürzt die Genesungszeit. Effektiv ist eine Kompression mithilfe einer festen Bandage. Sicherstellen, dass das Bandagieren nicht so fest erfolgt, dass die Blutzufuhr abgeschnitten wird oder unter dem Verband Kribbeln bzw. Schmerzen verursacht werden. Den Bereich zwischen Eisanwendungen bandagieren.
Elevation (Hochlagern) Hochlagern des betroffenen Bereichs verringert Schwellungen und Schmerzen.
Diagnosis (Diagnose) Eine frühzeitige Diagnose durch eine entsprechend qualifizierte Gesundheitsfachkraft und die richtige Behandlung sorgen für eine schnellstmögliche Genesung. Wenden Sie sich an medizinisches Fachpersonal, insbesondere wenn Sie sich Sorgen um die Verletzung machen, sich die Schmerzen oder Schwellungen verschlimmern oder die Schmerzen bzw. Schwellungen innerhalb von 48 Stunden nicht zurückgegangen sind.

Eis hilft bei der Verhinderung von Blutungen und weiteren Schwellungen.

Hochlagern verringert Schwellungen und Schmerzen.

Sobald die Verletzung diagnostiziert wurde, jegliche Bestandteile von HARM (Schaden) in den nächsten 72 Stunden vermeiden.

Heat (Wärme) Kann Blutungen und Schwellungen verstärken sowie Schmerzen und Steifheit verschlimmern.
Alcohol (Alkohol) Kann Blutungen und Schwellungen verstärken sowie Schmerzen und die Schwere der Verletzung verschleiern.
Running (Laufen) Ruhe ist entscheidend.
Massage Am besten vermeiden, da dies Blutungen und Schwellungen verstärken kann, was die Heilung verzögert.

Gehirnerschütterung

Eine Gehirnerschütterung muss besonders ernst genommen werden, um das kurz- und langfristige Wohlergehen der Spieler zu schützen. Zwar wird sie üblicherweise durch einen Schlag auf den Kopf verursacht, kann aber auch von einem Schlag gegen den Körper herrühren, wenn die Kraft des Zusammenstoßes bis zum Gehirn weitergeleitet wird. Sie geht nicht zwangsläufig mit Bewusstlosigkeit einher.

Eine Gehirnerschütterung hat verschiedene Symptome bzw. Anzeichen. Viele davon finden sich in den World-Rugby-Leitfäden für Gehirnerschütterungen: https://www.world.rugby/the-game/player-welfare/medical/concussion/concussion-guidelines

Übliche Symptome sind beeinträchtigtes Konzentrationsvermögen, Gedächtnisverlust und Gleichgewichtsstörungen. Das Pocket Concussion Recognition Tool (siehe unten) kann bei der Erkennung einer Gehirnerschütterung helfen.

Besteht bei einem Sportler der Verdacht auf eine Gehirnerschütterung, sollte er vom Spielfeld gebracht werden und es nicht wieder betreten dürfen.

Spielt ein Spieler mit Gehirnerschütterung weiter, setzt er sich dem Risiko schwerer Verletzungen aus und wird so auch sein eigenes Team enttäuschen, da dieses Schwierigkeiten haben wird, das um sie ablaufende Spiel weiter voranzutreiben.

Junge Spieler sind anfälliger für seltene und gefährliche neurologische mitunter tödlich verlaufende Komplikationen, die durch einen zweiten Stoß auf eine bereits unter einer Gehirnerschütterung leidende oder nicht voll genesene Person verursacht werden.

Jeder, der aufgrund einer vermuteten Gehirnerschütterung vom Spielfeld gebracht wird, sollte von einem medizinischen Fachmann beurteilt werden. Es sollte ihm nicht gestattet werden, ein Kraftfahrzeug zu führen. Die Rückkehr aufs Spielfeld sollte schrittweise erfolgen, wie in den World-Rugby-Leitfäden für Gehirnerschütterungen beschrieben.

Das Pocket Concussion Recognition Tool als Adobe-PDF-Datei herunterladen

Rehabilitation

Eine Rehabilitation erfordert eine Überwachung und Betreuung durch entsprechend geschultes medizinisches Personal, Ärzte, Physiotherapeuten und Fitnessberater. Ziel einer Rehabilitation ist die vollständige Wiederherstellung des Fitnesszustands des Spielers, was Folgendes umfasst:
  • Regeneration der Muskelkraft
  • Wiederherstellung der vollen Beweglichkeit im Gelenk
  • Wiederherstellung von Koordination und Balance
  • Erhalt der Fitness durch Übungen wie Radfahren und Schwimmen
  • sofern dazu bereit: schrittweise Einbeziehung spezieller Rugby-Fertigkeiten
  • Kontaktvarianten gefolgt von Vollkontakt

Rückkehr ins Spiel

Spieler, die aufs Spielfeld zurückkehren, bevor sie sich komplett erholt haben, setzen sich dem erheblichen Risiko aus, die Verletzung zu verschlimmern oder sich eine weitere Verletzung zuzuziehen.

Die Spieler sollten erst wieder ins Spiel zurückkehren, nachdem der Trainer, Arzt oder Physiotherapeut sie getestet hat, um sicherzustellen, dass sie für eine Rückkehr aufs Feld bereit sind.

Diese zurückkehrenden Spieler müssen erneut demonstrieren, dass sie Rugby-Ready sind. Die Tests sollten ähnliche Fitnesstests umfassen wie die zu Beginn der Saison, ebenso wie Rugby-Fertigkeiten und -Bewegungen, die die Spieler in einem Spiel umsetzen müssen, z. B. Tiefhalten, Ausweichen, Springen usw.

Spielerprofilinformationen sollten dazu dienen, Leistungen zu vergleichen und zu sehen, ob die Spieler wieder Rugby-Ready sind. Können Spieler dasselbe Leistungsniveau wie vor der Verletzung demonstrieren, sind sie wieder Rugby-Ready.

Der beste Rat ist in der Regel: Wenn es weh tut, dann spiel nicht.

Meldung von Verletzungen

Die Vereine sollten Aufzeichnungen über alle zugezogenen Verletzungen führen. So lassen sich ggf. Muster und häufige Verletzungen ausmachen und geeignete präventive Maßnahmen ergreifen. Zudem liegen so Aufzeichnungen im Fall von späteren Rückfragen oder Beschwerden vor.

Gelten in bestimmten Regionen/Provinzen oder bei bestimmten Verbänden Meldesysteme für Verletzungen, ist es wichtig, diese zu beachten. Diese Form der Informationsübermittlung hilft bei der Vermittlung von Richtlinien und Schulungen über das Wohlergehen der Spieler, wie Rugby Ready.

Das World-Rugby-Unfallberichtsformular lässt sich hier herunterladen: https://passport.world.rugby/injury-prevention-and-risk-management/rugby-ready/downloads/

Haftungsausschluss

Die in diesem World-Rugby-Rugby-Ready-Produkt aufgeführten Angaben zum Umgang mit Verletzungen sollen als unterstützendes Werkzeug bei der Behandlung und dem richtigen Umgang mit verletzten Spielern dienen. Sie sind kein Ersatz für die Vorteile, die sich durch entsprechend qualifiziertes medizinisches Personal zur Behandlung von Verletzungen ergeben. World Rugby (einschließlich seiner operativen Einheit, World Rugby Limited sowie anderer verbundener Unternehmen) übernimmt keine Verantwortung oder Haftung für Fahrlässigkeit oder anderweitige Vorkommnisse in Bezug auf die Behandlung, die Versorgung oder den Umgang mit verletzten Spielern.

Wichtige Punkte für Spieler

  • Stellen Sie sicher, dass Sie spielfit sind – dass Sie sich nicht unwohl fühlen und sich von evtl. Verletzungen komplett erholt haben.
  • Stellen Sie sicher, dass Sie alle Wunden verbunden haben.
  • Bei Zweifeln sollten Sie Rat bei Ihrem Gesundheitsdienstleister einholen.

Trainer-Tipps

  • Wählen Sie keine Spieler aus, die sich von Verletzungen nicht komplett erholt haben.
  • Was ist der Notfallplan?
  • Stellen Sie sicher, dass Sie über ausreichende Erste-Hilfe-Kenntnisse für das Spiel oder die Trainingseinheit verfügen.
  • Warum nicht selbst einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren?

Schiedsrichter-Tipps

Mehr hierzu auf der World-Rugby-Internetseite zur Regelpädagogik.

  • Prüfen, welcher Ersthelfer für das Spiel verantwortlich ist und wo er sich befinden wird
  • Alle zu verwendenden Signale bestätigen
  • Ist ein Spieler verletzt und wäre eine Fortsetzung des Spiels gefährlich, muss der Schiedsrichter das Spiel unterbrechen.
  • Die Spieler dürfen keine mit Blut verunreinigten Kleidungsstücke tragen.
  • Spieler mit einer offenen oder blutenden Wunde müssen den Spielbereich verlassen und dürfen erst zurückkehren, nachdem die Blutung unter Kontrolle ist und die Wunde verbunden wurde.